Fortgesetztes Unrecht

Die 1941 eingerichtete „Reichszentrale zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens“ wurde nach 1945 unter neuer Bezeichnung bis in die 1980er-Jahre weitergeführt.

Nach 1945 wurde diese „Zigeuner-Zentrale“ nicht wirklich aufgelöst. Sie war ein fester Bestandteil der Polizeiarbeit auf Landes- und Bundesebene.

So wurden Genealogien (Familienstammbäume) durch die Polizei, wie von den Nazis weitergeführt. Babys wurden bis in die 80er Jahre direkt nach der Geburt Fußabdrücke abgenommen. Jede Geburt, Taufe, Hochzeit und Tod wurde von der Polizei fleißig eingepflegt. Hier zeigt sich die Prägung mit Antiziganismus Typ II, der die Kriminalisierung der Roma und Sinti in die Köpfe der Deutschen einpflanzte. Die Existenz der „Landfahrer-Zentrale“ war der Hauptgrund für die Gründung der Roma- und Sinti-Bürgerrechtsbewegung in den 80er Jahren.

Es musste erst eine neue Generation der Roma und Sinti heranwachsen, damit der Mut entstehen konnte, um für die eigenen Rechte zu demonstrieren. Die Roma und Sinti schafften es, dass diese Zentrale aufgelöst und die Unterlagen an den sich gerade gegründeten Zentralrat deutscher Sinti und Roma übergeben wurde. Ab 1948 wurde in Deutschland systematisch wieder eine funktionierende „Zigeunerdienststelle“ aufgebaut. Um sie „grundgesetzfest“ zu machen, bekam sie die Bezeichnung Landfahrerzentrale.

Zu ihren Aufgaben wird vermerkt:

1) Durchführung von Personenstandsfeststellungsverfahren,

2) Führen folgender Karteien:

a) Personenkartei,

b) Lichtbildkartei,

c) „Zigeunernamenkartei“,

d) Merkmalskartei,

e) Kraftfahrzeugkartei,

3) Führen von Personen Familien-Akten,

4) Zusammenarbeit mit anderen Behörden,

5) Fahndung nach gesuchten Landfahrern,

6) Kontrolle der Wohnwagenplätz

Bis zum Jahre 1970 arbeitete die ehemalige Reichszentrale zur Bekämpfung des „Zigeunerunwesens“, die nach dem Kriege in „Landfahrerzentrale“ umgetauft worden war, offiziell als zuständige Behörde und Überwachungsinstitution für Zigeunerfragen. Ab 1970 wurde diese Arbeit dezentralisiert. Unter anderen übernahm die Hamburger Landfahrerdienststelle eine Schlüsselrolle in der „bundesdeutschen Bekämpfung des „Zigeunerunwesens““. Bezeichnend für diese Intentionen einer Gesamterfassung von Sinti und Roma war die unbeschränkte Pragmatik, die alle möglichen Informationen über „Zigeuner“ zu erfassen bestrebt ist. Neben den Namen und Lichtbildkarteien wurden in so genannten Merkmalskarteien u. a. die KZ- Nummern erfasst, die den Sinti und Roma in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern auf die Unterarme, den Kleinkindern auf die Oberschenkel, eintätowiert worden waren.

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